In allen vier Ecken soll Liebe drin stecken

In unserem Kellerschrank steht eine Nähmaschine.
Mein Mann brachte sie mit in die Ehe. Als Sohn eines Vaters, der zu der aussterbenden Spezies von Männern gehört, die ich "handwerkliche Universalgenies" nenne, wurde er nicht nur mit Hammer, Zange und Schraubendrehern ausgestattet, sondern eben auch mit einer kleinen Maschine. Ich war im Teenageralter, als ich ziemlich respektlos die Nähnadeln meiner Mutter verschliss, indem ich meine bereits engen Jeans noch knackiger abnähte. Mit einem Mann in der Verwandtschaft, der es nicht nur versteht mit Holz umzugehen, sondern Ledersofas vom Gestell bis zu den Kissen herstellt und zusätzlich Kostüme schneidert, brachte ich, was nicht mit der Hand zu nähen war, zu Schwiegerpapi. Mein Schwiegervater lernte das Nähen noch aus der Not heraus. In einer Zeit, in der (fast) alles käuflich ist und man Kissenhüllen für 5 Euro nachgeworfen bekommt, wird das Selbstgemachte wieder zum Besonderen. Und so entstehen kleine, aber feine Ateliers, in denen Menschen mit großer Freude und Begeisterung ihre Fähigkeiten und Erfahrungen weitergeben. In diesen kleinen Freiräumen steht die Frage nach Gewinn oder Profit im Hintergrund. Da wird mit Liebe vermittelt.
Um mich herum grassiert das "DIY-Fieber". Es ist ansteckend und so machte ich mich gestern mit meiner Tochter zum Nähatelier "Idee und Spaß" von Dana Schiller auf. Dort brachte uns Dana geduldig und fröhlich die kleine Nähkunde näher. Heute habe ich etwas mehr Respekt vor Maschinen, besonders wenn sie mir zur Verfügung gestellt werden, aber Dana half ganz schnell jegliche Hemmung zu überwinden und ließ uns nach einer Maschineneinführung sofort kleine Zick-Zack-Muster und Bögen nähen. Tja, gerade Linien sind einfacher. Danas Devise ist, dass jeder mit einem Erfolgserlebnis nach Hause gehen soll und so ermunterte sie uns ein Kissen zu nähen. Aus mehreren Stoffen, denn ein Rechteck aus nur einem Stoff ist sogar für Anfänger zu einfach. Dann öffnete sie ihre Schatztruhe mit feinsäuberlich zusammengelegten, aufeinandergestapelten und sehr viel Liebe ausgesuchten Stoffen. Was für ein Fest. Wir durften alles herausholen, was uns gefiel und nach Herzenslust kombinieren. Nach dem Aussuchen der Stoffe kam das Zuschneiden und Aneinandernähen. Die Maschinen, zuerst noch stockend und stotternd, surrten bald munter vor sich hin. Wir hatten Spaß.
Und gingen stolz nach Hause. Jeder mit seinem selbstgenähten Kissen unterm Arm. Unsere Keller-Nähmaschine wurde gestern Nacht noch entstaubt und in Betrieb genommen.
Danke Dana für diesen wunderschönen Abend!


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