Esoterik III: Robert Betz und die Lehre


Was Robert Betz sagt, ist nicht verkehrt.

Es sind alte Weisheiten unter einem neuen Anstrich, die ansprechender rüberkommen als so manches fernöstliche Lehrbuch. Seine Welt der Selbstinszenierung ist bunter, gefälliger als eine Lehre des reinen Wortes ohne Banner mit übergroßen Blumen und bunten Hemden. Auch das Auge will geschmeichelt werden.
In unserer Kultur gibt es den Spruch "Wie du in den Wald hineinschreist, so kommt es zurück". Dass das, was zu uns kommt, lediglich ein Echo auf unsere Taten ist, ist ein altes Wissen. Warum haben wir das noch immer nicht verstanden? Warum betreiben wir noch immer Schuldzuweisung? Weil es das Leben bequemer macht? Weil es einfacher ist zu denken, dass die anderen böse und schlecht sind und uns das Leben schwer machen? Weil es anstrengend ist sich selbst zu hinterfragen? "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Eines der christlichen Gebote, das in wenigen Worten ausdrückt, worum es geht. Lerne dich selbst zu lieben, indem du dir den Respekt erweist, den du forderts. Erst dann bist du fähig auch einen anderen zu lieben. Wie oft haben wir diese Lehre gehört, abgeschrieben, rezitiert? Wer hat sie verstanden, umgesetzt, gelebt? Früher wurden diese Weisheiten von der Kanzel gepredigt, wer will das heute noch? Vielleicht brauchen wir diesen multimedialen Einpeitscher, der uns gebetsmühlenartig über alle Kanäle das alte Wissen in neue Brötchen bäckt. Gefälligere Brötchen, denn es war schon immer der Schein auf den wir abgefahren sind und nicht der Kern der Lehre. Das Gefällige kommt an und wird zelebriert. Wir müssen nicht mehr in eine kalte Kirche gehen, wo ein schwarzbefrackter Pfarrer auf uns niederpredigt. Wir fliegen jetzt nach Lesbos, wo der Guru eine Wohlfühloase geschaffen hat, wir unter südlicher Sonne die alte Lehre in bunten Hemden leidenschaftlich vorgetragen bekommen. Um dann auf einem alten Fischerboot zu einem romantischen Plätzchen zu tuckern, wo wir statt trockener Oblate ein üppiges griechisches Mahl serviert bekommen. So fühlt sich Weisheit gut an. Die Lehre ist endlich in der Zivilisation angekommen.
Und genau so wird sie weitergegeben. Höchstzivilisiert, im schicken Rahmen mit Orchideen, Buddhastatuen und vielen Kerzen. Mitzubringen dicke Socken und eine warme Decke. Für Tee und Knabbereien ist gesorgt. Hauptsache Wohlfühlatmosphäre. Da sind wir doch viel mehr gewillt zuzuhören.
Ob uns die Lehre diesmal erreicht? Ob wir sie verstehen, verinnerlichen und leben? Brauchen wir ein kuscheliges Ambiente um bessere Menschen werden zu können? Unseren Schöpferauftrag anzunehmen? Bedingungslos lieben zu können?

In der Kirche wurde die Lehre allen gepredigt. Dort kamen reich und arm zusammen. Jeder hatte die Möglichkeit die Lehre zu hören. Der Obulus wurde im Klingelbeutel gesammelt. Es brauchte Ehrenamtliche um Feste zu organisieren. Das sieht heute ein bisschen anders aus. Die Broschüren der neuaufgelegten Lehre kosten Geld, die CD´s auch. Die Predigten kosten Geld und die Ausbildung zum Nachwuchsprediger erst recht. Und die Absolution in Form von Transformation kostet richtig Geld. Leider können sich das heutzutage nur die Leute leisten, die Geld haben. Die anderen gehen leer aus. Wer kein Smartphone oder PC hat, den erreichen die gestreuten Predigten per Facebook nicht. Alles andere ist sowieso unerschwinglich.
Aber liebe arme Leute, hier ist die frohe Botschaft. Wenn es genug erwachte, erleuchtete, bedingungslos liebende betuchte Menschen gibt, dann profitiert ihr auch davon. Nicht dass ihr viel umsonst bekommt, denn die neuen Prediger müssen das Geld ja wieder reinbekommen, das sie ausgegeben haben und das sind sie sich allemal wert, aber ihr werdet die Schwingungen der Liebe fühlen und könnt dann gar nicht anders als euch auch weiterzuentwickeln. Erst mal wird eine kritische Masse aus dem Geld- und Bewusstseinsadel gebildet und dann seid auch ihr dran. Das ist doch ein Fortschritt oder?

Was ich persönlich sehr gefährlich finde ist der Umgang mit Reinkarnation.
In den esoterischen Botschaften ist immer wieder die Rede vom karmischen Prinzip. Was heißt, dass du in diesem jetzigen Leben eventuell etwas ausbadest, was du in einem früheren Leben in den Wald geschrien hast. Wir sind in einer christlichen Kultur aufgewachsen und in dieser gibt es keine Reinkarnation (mehr). Wir wissen nicht wie wir damit umgehen sollen, haben keinerlei Erfahrungen und Traditionen, die uns Hilfestellungen geben. Insofern muss es zynisch klingen, wenn gesagt wird, dass Menschen ihr Schicksal selbst zu verantworten hätten. Wie können wir das verstehen, wenn wir nicht vertraut sind mit dem Prinzip von Ursache und Wirkung, das sich über mehrere Inkarnationen hinzieht?
Dieser Gedanke wird dann in jede Richtung gesponnen.

Ein kleines Mädchen, das missbraucht wird - Karma.
Ein junger Mann, der totgeprügelt wird - Karma.
Ein Vater, der in einen Unfall verwickelt wird und stirbt - Karma.
Eine Mutter, die jung an Krebs stirbt - Karma.
Verhungernde Kinder in Afrika - Karma.
Wellnessauszeit auf Lesbos - Karma.
Reichtum durch Selbstvermarktung - Karma.

Durch meine Ausbildungen und der Beschäftigung mit der buddhistischen Lehre ist mir der Gedanke der Reinkarnation nicht fremd, aber befremdlich, da ich nicht gelernt habe damit umzugehen. Sehr schnell entwickelt sich so etwas wie emotionale Kälte. Ein Schulterzucken "Selber Schuld". Ein Mangel an Mitgefühl.

Die Betroffenen der Flut vom Frühjahr 2013 hatten das Pech an einem Fluss zu wohnen. Die Fluten versinnbildlichen, dass nun endlich Gefühle fließen sollen. Die Leute, die ihre Häuser trocknen, sollen daran erinnern, dass Ordnung gemacht werden soll. Überall.

Wenn jetzt aufgeräumt wird nach der Flut, in den Kellern und Häusern der Familien, getrocknet und neu gestaltet wird, dann sollte auch in den Gefühlen, in den Tiefen der Herzen, in dem Lieben aufgeräumt werden, das ist die Chance. 
Zitat aus einem Beitrag auf der Facebookseite von Robert Betz vom 4. Juni, aus dem Maria-Strahl, übermittelt durch Andrea Schirnack

Ich habe mich die letzten Tage gefragt, was mich unwohl fühlen lässt, wenn ich die Botschaften von Robert Betz lese oder ihn sprechen höre. Manche seiner Botschaften könnte ich in ihrer Aussage durchaus bejahen, wenn da nicht dieses Unbehagen wäre. Er spricht ständig von Liebe, aber ich fühle sie nicht. Er spricht dauernd von Loslassen, aber ich erkenne das nicht. In meinen Ausbildungen bin ich Leuten begegnet, die mir weitergeholfen haben, aber es war da oft ein Funke von leichtem Schöpferwahn. Auch wenn ich erkenne, dass ich der Schöpfer meines Lebens bin und mir entgegenschallt, was ich in den Wald hineingeplärrt habe, so ist doch ein jeder Mensch ein Schöpfer und hat deswegen das Recht, dass ich ihm auf Augenhöhe begegne. Aber genau das fehlt. Da ist eine Aura von Machtanspruch. Der Lehrer weiß es besser. Es gibt in unseren Seminaren noch immer Frontalunterricht und die Lehrer stehen inzwischen auf einem Podest. Sie bilden aus und vergeben noch immer Zeugnisse, auf die die Schüler bestehen. Es gibt noch immer Beurteilungen in Form von Einteilung. Empfohlene Therapeuten, weniger empfohlene. Das Prinzip von Lehrer und Schüler hat sich noch nicht transformiert. Wir sind noch nicht in der Gleichwertigkeit von allem, was ist.
Wenn ich Schöper meines Lebens bin, wie alle anderen auch, wer will dann beurteilen, ob meine Schöpfung gut oder schlecht ist? Gibt es unter Schöpfergöttern eine Instanz? Einen Schöpferobergott? Sind unsere weltlichen Hierarchien eine Abbildung kosmischer Hierarchien? Herr Betz spricht von Umstrukturierungen in Firmen. Hierarchie hat ausgedient. Wer fängt an?

Wer will mir sagen, dass ich aufwachen soll, dass ich mich mehr lieben soll, dass ich meinen Partner verlassen soll, weil unsere Ehe nicht zeitgemäß ist, meinen Job aufgeben soll, weil er nicht der Neuen Zeitordnung entspricht. Wenn ich Schöpfer bin, wer hat dann ein Recht darauf meine Schöpfung anzuzweifeln? Wenn wir alle Götter sind, die ihre eigene Welt kreiert haben, welcher Gott aus dem Universum kann mir sagen "Ich habs besser gemacht als du". Habe ich Fehler in meiner Schöpfung, wird das aufgezeigt werden und ich kann korrigieren oder alles den Bach runtergehen lassen. Es ist und bleibt meine Schöpfung, für die alleinig ich verantwortlich bin. Und wenn ich eine unzeitgemäße Ehe führen will, ohne unser Doppelbett zu zersägen, ist das meine Schöpfung. Wenn ich mein Potenzial nicht entfalten will, weil ich ein bequemes Leben führen möchte, ist das meine Schöpfung. Wenn ich kein Geld dafür ausgeben will die nächste und die nächste Predigt anzuhören, ist das meine Schöpfung. Wer könnte sie kritisieren? Gibt es Konkurrenz in der Schöpfung?

Es ist der Leistungsgedanke in Herrn Betz` Worten. Da ist ein "Du musst, mach endlich", eine Dringlichkeit und die habe ich abgelegt. Ich kann, wenn ich will, aber solange ich nicht will, muss ich nicht und so oder so ist es völlig in Ordnung. Mir fehlt die Liebe zur Unvollkommenheit der Schöpfung. Das einzige, was unvollkommen ist sind wir, die Menschen. Wenn wir unsere Unvollkommenheit nicht akzeptieren und liebevoll annehmen, sind wir wieder ganz weit weg von der Selbstliebe. Für mich sind die Worte von Herrn Betz trotz hohem Wahrheitsgehalt kalt.

Ich vermisse in seinen Worten das, wovon jede Religion spricht: Liebe und Mitgefühl. Egal aus welchem Strahl er seine Botschaften aus der geistigen Welt erhält, sie sind lieblos. Kein Wort des Dankes an die Betroffenen der Flut, die alle anderen daran erinnern sollen, dass sie ihre Gefühle wieder fließen lassen. Würde man die Botschaften ernst nehmen, so hätten sie sich ja doch zur Verfügung gestellt, um alle anderen darauf aufmerksam zu machen. Wo bleibt das Mitgefühl, dass sie Leid auf sich nehmen, um uns an etwas zu erinnern? Wo bleibt der Dank der Brüder und Schwestern des Lichts und der Liebe?

Liebe braucht keine Religion. Auch nicht die von Herrn Betz.

Ähnlicher Artikel: Autoritäten 

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Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage des NDR, der sich Robert Betz unter dem Titel "Robert Betz: "Glücks-Coach" oder Scharlatan" im November 2013 widmete.

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Eine Übersicht zum Thema finden Sie auf meiner Website unter "Esoterik - eine Reflexion".



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