Worte

Manchmal frage ich mich, wie wir Menschen es schaffen, so viel in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen kaputt zu machen.

Wir haben alles, was an Kommunikation erdenklich ist und es geht weiter ..... und doch sehe und treffe ich so viele Menschen, die sich unverstanden fühlen. Was läuft falsch? Wir haben die Sprache, so viele Worte, doch oft fehlen uns die richtigen zum passenden Zeitpunkt. Unser timing ist manchmal miserabel, wir reden aneinander vorbei oder verpassen unseren Einsatz. Nicht selten sind wir sprachlos. Und häufig sagen Mimik oder Gesten etwas ganz anderes als unsere Rede. Körpersprache ist noch immer die ehrlichste Form von Kommunikation. Können wir sie lesen? Oder müssen wir uns das Verstehen von Körpersprache genau so mühselig aneignen wie eine Fremdsprache? Haben wir die ehrlichste Form von Kommunikation verlernt? Haben wir sie jemals beherrscht? Und wozu ist Sprache und das Beherrschen einer Sprache gut, wenn daraus so viele Missverständnisse entstehen, weil Worte nicht annähernd unsere Gefühle ausdrücken können? Und jeder nur das versteht, was er verstehen will. Oder verstehen kann.

Mit Anfang zwanzig bin ich gerne gereist. Auf einer dieser Reisen lernte ich einen jungen Mann aus Argentinien kennen. Wir waren uns symphatisch und hätte einer von uns die Sprache des anderen beherrscht, hätten wir uns wahrscheinlich unser Leben erzählt. Aber ich konnte kein Spanisch und er konnte weder Englisch noch Deutsch. Uns blieb nichts anderes übrig als nebeneinander auf einer Mauer zu sitzen und aufs Meer zu schauen. Ab und zu lächelten wir uns an. Wir teilten diesen Moment ohne Sprache, ohne Berührung und wir gingen auseinander ohne Missverständnis. Es war ein schöner Moment.

Mein Mann und ich sind sehr unterschiedlich. Wir teilen eine ähnliche Sicht aufs Leben, unsere Herangehensweisen sind verschieden. Unsere Anfangsphase war nicht gerade Romantik pur. So sehr uns unsere Unterschiedlichkeit anzog, so sehr bereitete sie uns Probleme. Es dauerte, bis wir uns miteinander vertraut gemacht hatten. Beide litten wir an Verletzungen aus vorangegangenen Beziehungen und wir wussten, wie zerbrechlich wir sind.
Die Strophe aus einem Lied von André Heller wurde zu unserer obersten Maxime und heute wissen wir, dass uns wohl eher das Schweigen im richtigen Moment zusammenhält, als das Reden im falschen.

Du,
weißt du denn nicht,
wie brüchig das Eis ist,
auf dem wir leben?

Ein achterloser Achter zu viel
und du hast im Herzen die Fische.
Unter dem wechselnden Mond
sehnen wir uns nach Dauer.
Doch was sich für Ewigkeit hält,
währet oft nur drei Küsse.

André Heller



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